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KIDD

Bei der sogenannten kopfgelenk induzierten Dysgnosie und Dyspraxie (KIDD) handelt es sich um eine Störung in der sensomotorischen Entwicklung bei Kindern ab dem Kleinkindalter, welche vor allem aufgrund von Blockierungen vor allem im Bereich der Kopfgelenke (Gelenke zwischen Kopf, 1. Halswirbel und 2. Halswirbel) aber auch auf der Grundlage anderer Blockierungen des Körpers entstehen können. Bei den Kindern werden Wahrnehmungsstörungen (Dysgnosie) und motorische Störungen (Dyspraxie) beobachtet. Den Eltern fallen neben einer „schiefen Haltung“, Probleme mit der Bewegung, Unruhe-, Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen bei ihrem Kind auf. Es lässt sich in der Krankengeschichte häufig eine Vielzahl von Symptomen erfragen, wobei nicht alle im Folgenden genannten Symptome bei einem „KIDD-Kind“ auftreten müssen.

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Von „KISS“ zu „KIDD“:
In der Säuglingsphase lagen möglicherweise sog. „KISS-Symptome“ (siehe „KISS-Patienteninformation“), wie beispielsweise Schiefhaltung des Kopfes, Überstreckungstendenz, Schädel- und Gesichtsasymmetrie, c-förmige Wirbelsäulen-Einstellung verbunden mit Unruhe, häufigen Schreiphasen oder Schlaf- und Trinkstörungen vor.

„Symptomarme“ Phase: Nach dem Erlernen des Stehens und Gehens (Vertikalisation) ergeben sich große Veränderungen im Hinblick auf die Wahrnehmung, das Gleichgewicht und die Entwicklung von fein- und grobmotorischen Fähigkeiten eines Kindes. In dieser Phase fallen den Eltern bis ca. zum 4. Lebensjahr meist wenige Probleme auf.

Vorschulphase: Erst im 4. Lebensjahr werden motorische Probleme (Dyspraxie) offensichtlich. Die Kinder haben z.B. eine schlechte Koordination, sind ungeschickt, stolpern häufig, Balancieren bereitet Probleme, Rollerfahren und Fahrradfahren werden verzögert erlernt, Sprachstörungen fallen in Verbindung mit einer „schlechten“ Haltung auf. Langsame motorische Entwicklung und Probleme mit gleichaltrigen Kindern können beobachtet werden. Hierbei muss jedoch festgestellt werden, dass es typbedingt eine große Variabilität hinsichtlich der Art und Weise gibt, wie ein Kind mit seinen Störungen klar kommt (Kompensationsmuster). Manche Kinder können ihre „kleinen“ Probleme gut überspielen (gute Kompensation).

Schulphase: Die nächste Phase setzt mit dem Schulbeginn ein. Vermutlich kommt es aufgrund der zusätzlichen Eindrücke und Anforderungen zu einem „Überlaufen des Regenfasses“ (Dekompensation). Kopfschmerzen treten häufiger auf und die feinmotorischen Probleme fallen beim Malen und Schreiben zunehmend auf. Ebenso werden die grobmotorischen Probleme offensichtlicher, so dass die Kinder mit Unruhe, Konzentrationsstörungen oderanderen Verhaltensmustern (Vermeidungsstrategien) reagieren. Dieses kann dann auch zu erheblichen Problemen mit Gleichaltrigen führen. Isolation und Verweigerungen sind die Folge. Zeitweise wird von Symptomen wie bei AD(H)S (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Störung) berichtet. Unbehandelt können diese Symptome auch noch bei Jugendlichen und Erwachsenen bestehen, die Fähigkeit der Kompensation entscheidet oft über die Intensität der Beschwerden. Bei der Fülle der oben beschriebenen Symptome scheint eine Einordnung vieler Kinder in dieses Krankheitsbild wahrscheinlich. Allerdings muss zur Diagnosestellung „KIDD“ zusätzlich eine umfängliche Untersuchung durchgeführt werden. An dieser Stelle sei bereits erwähnt, dass eine erfolgreiche Probebehandlung oftmals die Diagnose bestätigt.

Diagnostik und Therapie:
Zur Diagnostik gehört eine gründliche manualmedizinisch-osteopathische Untersuchung Ihres Kindes. Bei „KIDD-Kindern“ lassen sich neben Funktionsstörungen der Kopfgelenke häufig mehrere andere segmentale Dysfunktionen (Blockierungen) finden, wobei verschiedene Störungen im Sinne von Funktionsketten miteinander in Verbindung stehen. Muskeltonusasymmetrie, Aufbiss-Störungen im Zahn-Kieferbereich, Schulterschiefstand, Beckenasymmetrie, skoliotische Haltung u.a. können gefunden werden. Defizite der Wahrnehmung und der Fein- und Grobmotorik werden bei verschiedenen Testverfahren auffällig.
Konnten andere Krankheitsbilder ausgeschlossen werden und sollten sich Hinweise auf eine „KIDD“ bestätigt haben, empfehlen sich manualmedizinische und osteopathische Techniken für die Behandlung. Weiterhin sollte in Zusammenarbeit mit dem Kinder- und Jugendarzt überprüft werden, ob andere Verfahren wie z. B. Physiotherapie, Ergotherapie oder Logopädie zu empfehlen sind. Eine „symmetrische“ Sportart ist zu empfehlen. Ich werde Sie diesbezüglich beraten. Bei der Therapieplanung sollte die individuelle Situation und der besondere Befund Ihres Kindes berücksichtigt werden.
Eine spezielle Röntgenaufnahme der oberen Halswirbelsäule (nach Gutmann) ist bei bestimmten Fällen dann erforderlich, wenn eine Manipulation im Bereich der Halswirbelsäule geplant ist. Bei einer Manipulationen in dieser Region wird mit minimaler Kraft ein ultrakurzer schneller Impuls auf ein klar definiertes Areal des
Nackenrezeptorenfeldes in Höhe der oberen Halswirbelsäule gegeben. Neben diesen Techniken stehen auch andere zur Verfügung, wobei es sich nicht um das im Volksmund benannte „Einrenken“ handelt. Es kann auch nichts eingerenkt werden, da nichts ausgerenkt ist. Ein Verschieben von Wirbeln der oberen Halswirbelsäule ist
aus anatomischen Gründen nicht möglich. Es handelt sich vielmehr um eine manualmedizinische Impulsbehandlung eines Rezeptorenfeldes mit dem Ziel die gestörte asymmetrische Verspannung der Muskulatur und deren Folgen zu verändern.
Die Röntgenaufnahme dient dem Ausschluss von Gründen, die eine manual-medizinische Impulsbehandlung verbieten (z.B. bestimmte Anlagestörungen) und der Festlegung der Impulsrichtung. Dieses ist besonders wichtig, da nur ein Impuls von der „richtigen Seite“ eine Besserung der Beschwerden bewirken kann, ein Impuls von der „falschen Seite“ wäre wenig hilfreich. Zur Röntgendiagnostik werden wir Sie in eine Praxis, die die spezielle Aufnahme anfertigt überweisen. Nach Auswertung des Röntgenbildes wird unter Beachtung der Beschwerden des Kindes und des Untersuchungs-Befundes mit Ihnen ein Aufklärungsgespräch zur Einordnung des
Krankheitsbildes und zu möglichen Therapieoptionen geführt. Ergibt sich bei Ihrem Kind die Indikation zu einer manualmedizinischen Behandlung, werden Sie über die Risiken einer solchen Behandlung informiert. Ggfs. werden verschiedene manualmedizinische Techniken vorgestellt. Im Rahmen dieses Gespräches werden andere
mögliche Behandlungsformen erörtert und für Sie noch offene Fragen beantwortet. Ihr Einverständnis wird aus juristischen Gründen auf einer „Einverständnis-Erklärung“ schriftlich festgehalten.

Es empfiehlt sich eine Wiedervorstellung zunächst in 6 Wochen zur Kontrolle. Nach einer Behandlung sollte 4 Wochen lang eine Belastung der Kopfregion und der HWS minimiert werden: Verzicht auf intensive KG in diesem Bereich, kein Kopfball beim Fußball, Zurückhaltung hinsichtlich Turnübungen (Rolle vorwärts), Kopfsprünge,
Kopfstand und Trampolinspringen. Das sensomotorische System braucht nach der Therapie zunächst eine gewisse Zeit, um sich neu zu organisieren.

An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass die Begriffe „KISS“ („kopfgelenk induzierte Symmetrie Störung“) und „KIDD“ (kopfgelenk induzierte Dysgnosie und Dyspraxie) sowie die Diagnostik- und Therapieformen der „Manuellen Medizin“ und der Osteopathie in der Wissenschaft in ihrer Bedeutung und Tragweite nicht einheitlich beurteilt werden. Auch liegt bezüglich der Begriffe „KISS“ und „KIDD“ und der genannten Therapieformen noch keine randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudie vor, wie es die höchstrichterliche Rechtsprechung für evidenzbasierte medizinische Begriffe und gesundheitliche Wirkaussagen in Deutschland fordert. In der Nennung beispielhaft aufgeführter Anwendungsgebiete der „Manuellen Medizin“ und der Osteopathie kann kein individuelles Heilversprechen bzw. keine Garantie zur Linderung oder Verbesserung aufgeführter Krankheiten oder Krankheitszustände gegeben werden.