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KISS

Bei der kopfgelenk induzierte Symmetrie Störung (KISS) handelt es sich um eine sensomotorische Störung in den ersten Lebensmonate eines Kindes, welche vor allem aufgrund von Blockierungen der Kopfgelenke (Gelenke zwischen Kopf, 1. Halswirbel und 2. Halswirbel) aber auch auf der Grundlage anderer Blockierungen des Körpers entstehen können. Neben dem Begriff „KISS“ wird auch der Ausdruck „Tonus Asymmetrie Syndrom (TAS)“ benutzt, wobei bei diesem Begriff betont werden soll, dass die ursächliche Asymmetrie des kindlichen muskulären Tonus nicht nur in den Kopfgelenken zu suchen ist.

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Im Zeitraum von der Geburt bis ca. zum zweiten Lebensjahr lässt sich bei den kleinen „KISS-Kindern“ eine Schiefhaltung des Kopfes mit mehr oder weniger fixierter Kopfdrehung und / oder Kopfseitneigung, teilweise verbunden mit Kopfüberstreckungstendenz, Schädel- und Gesichtsasymmetrie, c-förmiger Wirbelsäulen-Einstellung und unterschiedlich oft einseitig betonter Benutzung von Armen und Beinen finden. Die Eltern berichten uns über auffallend unruhige Kinder, die mehr schreien als andere Kinder, über nächtliches kindliches Weinen, kindliche Schlafstörungen, Trinkstörungen, Kopfhalteschwäche, Fußfehlstellungen und hohe Tastempfindlichkeit des kindlichen Nackens.

Die Ursache einer solchen Symmetrie Störung ist nicht eindeutig geklärt. In der Krankengeschichte der „KISS-Kinder“ lassen sich häufig eine erschwerte Spontan-Geburt (langer Geburtsverlauf mit Geburtsstillstand, Zangengeburt, Vakuumgeburt) oder ein Notfall-Kaiserschnitt finden. Schieflagen im Mutterleib wie Steißbeinlage oder Beckenendlagen sind als Risikofaktoren beschrieben. Zwillinge werden häufig gesehen. Es scheint auch eine geschlechtsgebundene genetische Disposition zu geben, da Söhne und deren Väter, bzw. Töchter und deren Mütter ähnliche Befunde aufweisen.

Zur Diagnostik gehört eine gründliche Untersuchung Ihres Kindes unter neuropädiatrischen und manualmedizinischen Gesichtspunkten. Konnten andere Krankheitsbilder ausgeschlossen werden und sollten sich Hinweise auf ein „KISS-Syndrom“ bestätigt haben, ist in bestimmten Fällen eine spezielle Röntgenaufnahme der oberen Halswirbelsäule erforderlich, wenn im Besonderen eine manualmedizinische Behandlung der Kopfgelenke geplant ist. Zur Röntgendiagnostik werden wir Sie
nach der Untersuchung in eine Praxis, die die spezielle Aufnahme anfertigt, überweisen. Die Röntgenaufnahme dient dem Ausschluss von Gründen, die eine manualmedizinische Impulsbehandlung verbieten (z.B. bestimmte Anlagestörungen) und der Festlegung der Impulsrichtung. Dieses ist in bestimmten Fällen besonders wichtig, da nur ein Impuls von der „richtigen Seite“ eine Besserung der Beschwerden bewirken kann, ein Impuls von der „falschen Seite“ wäre wenig hilfreich.

Nach Auswertung des Röntgenbildes wird unter Beachtung der Beschwerden des Kindes und des Untersuchungs-Befundes mit Ihnen ein Aufklärungsgespräch zur Einordnung des Krankheitsbildes und zu möglichen anderen Therapieoptionen geführt.Grundsätzlich muss an dieser Stelle deutlich gemacht werden, dass nur Kinder mit eindeutiger Diagnosestellung behandelt werden. Das „Behandeln von Röntgenbefunden“ gesunder Kinder wird abgelehnt. Hierzu sei berichtet, dass ca. 80% aller Säuglinge in den ersten 3 Monaten Asymmetrien des Kopfes und des Körpers, der Haltung und der kindlichen Lage sowie der Bewegungsmuster aufweisen. Die Kinder sind ansonsten völlig unauffällig, d.h. schreien beispielsweise nicht auffällig.

Lassen Sie sich von Ihrem Kinderarzt, Ihrem Hausarzt oder in unserer Praxis beraten. In der Tat muss dann unter bestimmten Gesichtspunkten nicht immer manualmedizinisch behandelt werden. Wir wissen heute, dass nur ein kleiner Teil dieser zunächst „schiefen Kinder“ ihre Haltungs- und Bewegungsstörungen über den 3. Lebensmonat hinaus behalten.

Möglicherweise ergibt sich jedoch bei Ihrem Kind die Indikation zu einer manualmedizinischen Behandlung. Hierzu werden Sie über die Risiken einer solchen Behandlung aufgeklärt. Ggfs werden verschiedene manualmedizinische Techniken vorgestellt. Im Rahmen dieses Gespräches werden andere mögliche Behandlungsformen erörtert und für Sie noch offene Fragen beantwortet. Ihr Einverständnis wird aus juristischen Gründen auf einer „Einverständnis-Erklärung“ schriftlich festgehalten.

Bei der Therapieplanung muss immer die individuelle Situation und der Befund Ihres Kindes berücksichtigt werden. Eine mögliche manualmedizinische Behandlung ist die Technik nach Gutmann, wobei mit minimaler Kraft ein ultrakurzer schneller Impuls auf ein klar definiertes Areal des Nackenrezeptorenfeldes in Höhe der oberen Halswirbelsäule gegeben wird. Eine weitere mögliche Technik ist die Atlastherapie nach Arlen (siehe Patienten-Information: Atlas-Therapie nach Arlen“).

Des Weiteren sind auch osteopathische Behandlungstechniken (siehe Patienten-Information Osteopathie) möglicherweise indiziert. Neben diesen Techniken stehen auch andere zur Verfügung, wobei es sich bei keiner dieser Techniken um das im Volksmund genannte „Einrenken“ handelt. Es kann auch nichts eingerenkt werden, da nichts ausgerenkt ist. Ein Verschieben von Wirbeln der oberen Halswirbelsäule ist aus anatomischen Gründen nicht möglich. Es handelt sich vielmehr um eine manualmedizinische Impulsbehandlung eines Rezeptorenfeldes mit dem Ziel, die gestörte asymmetrische Verspannung der Muskulatur und deren Folgen zu verändern.
Häufig ist es auch erforderlich, andere Areale des Körpers z.B. am unteren Wirbelsäulenpol im Übergang der Lendenwirbelsäule zum Kreuzbein oder zum kindlichen Becken zu behandeln.

Inzwischen sind sicher mehr als 10.000 Kiss-Babys allein mit der Technik nach Gutmann behandelt worden. In einigen Fällen reichte eine einmalige manualmedizinische Behandlung aus. Zeitweise werden je nach Therapieform mehrere Behandlungen notwendig. Über zusätzliche Krankengymnastik oder andere Verfahren werden wir Sie beraten.

Bitte bringen Sie zum Termin eine Wickelunterlage oder ein Tuch, das „gelbe Kinder-Untersuchungsheft“ und ggfs. schon vorhandene Röntgenbilder oder andere medizinische Unterlagen wie Arztbriefe mit.

An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass die Begriffe „KISS“ ( „kopfgelenk induzierte Symmetrie Störung“) und „TAS („Tonus Asymmetrie Syndrom bzw. Störung“) sowie die Diagnostik- und Therapieformen der „Manuellen Medizin“ und der Osteopathie in der Wissenschaft in ihrer Bedeutung und Tragweite nicht einheitlich beurteilt werden. Auch liegt bezüglich der Begriffe „KISS“ und „TAS“ und der genannten Therapieformen noch keine randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudie vor, wie es die höchstrichterliche Rechtsprechung für evidenzbasierte medizinische Begriffe und gesundheitliche Wirkaussagen in Deutschland fordert. In der Nennung beispielhaft aufgeführter Anwendungsgebiete der „Manuellen Medizin“ und der Osteopathie kann kein individuelles Heilversprechen bzw. keine Garantie zur Linderung oder Verbesserung aufgeführter Krankheiten oder Krankheitszustände gegeben werden.